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Berufsschule Eberbach

150 Jahre Berufsschule (Theodor-Frey-Schule) in Eberbach

1867 Gründung der Gewerbeschule – 1901 Gründung der städtischen Handelsschule – 2003 Fusion beider Schulen

Die beruflichen Schulen heute.

Eberbacher Geschichtsblatt 2017
Von Bruno Schmitt

150 Jahre Berufschule in Eberbach. Es ist die Geschichte, die sich parallel zu den Änderungen in Baden entwickelte. Schon bald nach der Konstituierung des Großherzogtums im Jahre 1806 befasste sich nämlich der badische Staat mit politischen Reformen und Neuerungen im Bildungssystem. Einen besonderen Schwerpunkt bildete dabei die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung, vor allem im gewerblich-technischen Bereich. Gewerbeförderung durch berufliche Bildung war sowohl im badischen Stammgebiet als auch in den hinzugekommenen kurpfälzischen und vorderösterreichischen Territorien als Notwendigkeit erkannt worden. Die Errichtung neuer Institutionen der gewerblichen und technischen Ausbildung lässt sich in den größeren Zusammenhang des Gedankenguts der Aufklärung einordnen.


Vorgeschichte – von 1834 bis zur Gründung 1867



Bis zur Gründung der ersten beruflichen Schule – der Gewerbeschule - in Eberbach 1867 waren viele Schwierigkeiten zu überwinden. Um dies zu verstehen, muss näher auf die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe eingegangen werden.

Nicht nur die Aufklärung, sondern auch die beginnende Industrialisierung trug zu einer Umorientierung althergebrachter Denk- und Verhaltensweisen in der beruflichen Ausbildung ganz wesentlich bei. Althergebracht deshalb, weil die Ausbildung junger Menschen noch an die Zunftbräuche gekoppelt war. Erst durch die spätere Gewerbefreiheit erfuhr die berufliche Bildung und Ausbildung ganz allmählich eine Änderung hin zu mehr individueller Entwicklung. Einen ganz wesentlichen Beitrag hierzu lieferte Ferdinand Kindermann mit der Industrieschulbewegung. Diese in Österreich bzw. Böhmen entwickelte Bewegung hatte zum Ziel, Lehrinhalte und -methoden so zu reformieren, dass die Schule in eine möglichst direkte Verbindung mit dem praktischen Leben gebracht werden konnte.

Im Großherzogtum Baden geht die Industrieschule als Institution zurück auf den ersten badischen Großherzog Karl Friedrich. Bereits im Jahre 1807 erließ er die Verordnung „Die Einführung von Industrieschulen betreffend.“ Zweck dieser Industrieschulen war die „Gewöhnung der Kinder zur Arbeit, die Unterstützung armer Eltern und die Beförderung der Erwerbsamkeit.“  Auch in Eberbach gab es eine Industrieschule, deren Verbindung mit der Volksschule am 1. August 1836 in Kraft trat. 

Neben der Einrichtung von Industrieschulen, die hauptsächlich für die praktische Ausbildung der Mädchen gedacht war, gab es seit der Mitte des 18. Jahrhunderts eine breit gefächerte Diskussion zum Thema „Berufliche Bildung als Element staatlicher Gewerbeförderung.“  Mit Heinrich Freiherr von Wessenberg, als Vertreter der katholischen Kirche Mitglied der 1. Kammer der badischen Landstände, und Karl Friedrich Nebenius  kamen neue Anstöße in die Diskussion um eine systematische gewerbliche Ausbildung. Mit der Reorganisation des Polytechnikums sorgte Nebenius für dessen erfolgreiche Entwicklung, und mit der Einrichtung des Gewerbeschulwesens wurde er zum Begründer der heutigen dualen Berufsausbildung.

Die Beratungen in der zweiten Kammer folgten den Vorschlägen Wessenbergs und Nebenius’ hinsichtlich der Gründung von Gewerbeschulen. Die staatliche Unterstützung der Gewerbeschulen sollte sich auf 3.000 Gulden belaufen. Diese Summe  wurde letztlich auch bewilligt. Aus dieser Zeit stammen daher auch die ersten Unterlagen im Stadtarchiv Eberbach über die Gründung einer Gewerbeschule. Die landesherrliche Verordnung vom 15. Mai 1834 ermöglichte in Baden die Errichtung von Gewerbeschulen in gewerbereichen Städten. Diese Schulart baut auf der Volksschule auf und läuft parallel zu den damals bereits bestehenden Fortbildungsschulen.

In einem Schreiben des Großherzoglichen Bezirksamtes Eberbach vom 29. Januar 1834 „die Verwendung der für Gewerbsschulen bewilligten 3000 fl. betr.“ wurde das Bürgermeisteramt aufgefordert, „binnen 8 Tagen zu erheben und anzuzeigen, wie viel Lehrlinge sich gegenwärtig dahier befinden.“  Mit Datum vom 31. Januar 1834 erging vom Bürger-
meisteramt an sämtliche Eberbacher Zünfte die Aufforderung, „binnen 2 Tagen anher an zu zeigen bei Vermeidung von Strafe, wie viel Lehrjungen sich gegenwärtig hier befinden.“ 

Aus den damaligen 12 Zünften wurden 76 Lehrjungen an das Bürgermeisteramt gemeldet. In einem Rescript der Regierung des Unterrheinkreises in Mannheim – Ministerium des Innern -  vom 4. März 1835 wurde bedauert, dass die Einrichtung einer Gewerbeschule in Eberbach wegen nicht vorhandener Mittel nicht möglich sei. Aber so könnte doch ein gewerblicher Unterricht und namentlich eine Zeichnungsschule daselbst gegründet werden und Nutzen gewähren. Ein Staatsbeitrag zu den jährlichen Betriebskosten könne aber dafür nicht zugesagt werden.

Ein am 18. März 1835 von den Stellvertretern der Stadtgemeinde (also Gemeinderat und Bürgerausschuss) gefasster Beschluss, in welchem bedauert wurde, dass für den Augenblick an weitere Opfer nicht zu denken ist,  beendet zunächst die Bemühungen um die Errichtung einer Gewerbeschule bis zum 10. März 1857. Unter diesem Datum schrieb das Großherzogliche Bezirksamt Eberbach an den Eberbacher Gemeinderat und machte darauf aufmerksam, dass es in der Stadt eine verhältnismäßig große Zahl von Gewerbetreibenden aller Art gibt, und dieselben auf einer minderen Stufe gewerblicher Bildung stehen, wegen mangelnder Gelegenheit zur Fortbildung. Die Gewerbetreibenden könnten keine tüchtigen Arbeiter bekommen und ihren Kindern, die sie zu Nachfolgern bestimmen wollen, würden während der Lehrzeit nicht die notwendigen Kenntnisse verschafft.

Ein ganz wichtiger Satz in diesem Schreiben aber lautete: „Ein Mittel zur Besserung der Gemeindeverhältnisse dürfte darin zu finden sein, insbesondere in einer Zeit, welche auf dem Gebiete der Industrie ununterbrochen so bedeutende Fortschritte macht  mehr Aufmerksamkeit gewidmet, daß vermutlich durch Beförderung der Ausbildung der Jugend der Grund zu einem geschicktern und umsichtigern Gewerbestand gelangt und zu diesem Zwecke eine Gewerbeschule errichtet wird. Ihre Errichtung ist hier mindestens so nothwendig, als jene der höheren Bürgerschule, und es scheint, daß man bei Gründung der letzteren jene schon für ein Bedürfniß hielt, insofern der § 8 der Statuten vom 28. Nov. 1844, Verordnungsblatt 1845 S. 12 die unentgeldliche Ertheilung des Unterrichts an der Gewerbeschule den Lehrern
der höheren Bürgerschule,  thunlich zur Pflicht machte.“ 

Im Antwortschreiben des Bürgermeisters, des Gemeinderats und des Bürgerausschusses vom 21. März 1857 erkannte man die Notwendigkeit der Errichtung einer Gewerbeschule, bzw. die Erteilung von gewerblichem Unterricht an, war auch bereit, entsprechende Opfer zu bringen, wollte jedoch zuvor wissen, wie hoch und welcher Art diese Opfer sein sollten. 

Im April 1857 teilte dann das Bezirksamt Bürgermeister und Gemeinderat mit, wie sich die Kosten für einen gewerblichen Unterricht zusammensetzen könnten, nachdem Lehrer Riegel von der höheren Bürgerschule sich mit Zustimmung des Vorstandes dieser Schule bereit erklärt hatte, den gewerblichen Unterricht zu übernehmen. Diesem Schreiben beigefügt wurden zusätzlich als Grundlage für die Beratung in Gemeinderat und Ausschuss eine Gewerbeschulordnung, Statuten für die Gewerbeschule zu Eberbach , ein Lehrplan für die in Eberbach zu errichtende Gewerbeschule, ein Verzeichnis der Lehrmittel an der Gewerbeschule zu Schwetzingen und Zeichnungsvorlagen. 

Selbst für einen zu bildenden Schulvorstand gab es Vorschläge des Gemeinderats: Für die Schlosser: Johann Philipp Dilo, für die Tischler: Daniel Krauth, für die Tüncher: Jakob Epp, für die Zimmerer: Jakob Bansbach und für die Maurer: Jakob Ginthum. Auch mit den Entwürfen der Gewerbeschulordnung und der  Statuten war der Gemeinderat einverstanden, wollte aber den Lehrplanentwurf der Prüfung und Festsetzung der zuständigen Behörde überlassen. So wäre es beinahe schon 1857 gelungen, in Eberbach eine Gewerbeschule einzurichten. Wäre da nicht ein Schreiben des Großherzoglich Badischen Gewerbeschulrats vom 6. Oktober 1857 an das Bezirksamt Eberbach gerichtet worden, in dem es hieß, dass es unzulässig sei, „einen Theil der für die höhere Bürgerschule bestimmten Staatsmittel für die Gewerbeschulen zu verwenden.“ 

Auf die Frage, ob die Gemeinde die Mittel zur Errichtung einer Gewerbeschule einstweilen bereitstellen wolle, antwortete Bürgermeister Bussemer mit Zustimmung des Gemeinderats, dass man zuwarten wolle, bis ein Staatsbeitrag geleistet werde. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Schulträgerschaft, d.h. die Kosten für den sächlichen Aufwand, wie Gebäude und laufende Betriebskosten bei der Gemeinde lag. 

Unabhängig aber von der Entscheidung des Gemeinderats, war die Stadtverwaltung nach wie vor bemüht, den in den Eberbacher Handwerksbetrieben lernenden Lehrlingen gewerblichen Unterricht erteilen zu lassen. Durch das Landesgesetz von 1904 „Betreff den gewerblichen und kaufmännischen Unterricht“ und durch die Landesherrliche Verordnung von 1907 wurde der Grundstein für ein neuzeitliches Berufsschulwesen gelegt. Ihre wichtigsten Bestimmungen waren: Einführung des Tagesunterrichts, und zwar ganzjährig werktags in drei aufsteigenden Klassen mit mindestens sieben Wochenstunden Unterricht; die Anstellung hauptamtlicher, vom Staat bestellter Lehrer; die Errichtung einer Oberschulbehörde für das gesamte Gewerbe- und Handelsschulwesen. Aus der Schule der Handwerker wurde somit eine Bildungsstätte des handwerklich-industriellen Nachwuchses.

Kennzeichnend für den Beginn des beruflichen Unterrichts, sowohl für die Gewerbeschule, als auch gut 30 Jahre später für die städtische Handelsschule, war die permanente Raumnot bzw. die Frage nach einem geeigneten Schullokal, wie es damals hieß. Einer Mitteilung von Bürgermeister Bussemer vom 19.12.1857 zufolge, wurde mit den Lehrlingen und Lehrer Riegel von der höheren Bürgerschule vereinbart, dass ab Sonntag, dem 3. Januar 1858 um 2 Uhr gewerblicher Unterricht im Rathaus erteilt und am Montag, Donnerstag und Freitag jeweils abends von ½ 8 bis 9 Uhr fortgesetzt werde.

Auch Schulgeld hat zu diesem Zeitpunkt bereits eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt. In einem Schreiben vom 1. März 1858 teilte Bürgermeister Bussemer dem Bezirksamt mit, dass von den 25 Lehrlingen, die am Unterricht teilnehmen, etwa 20 zahlungsfähig seien. Diese Zahlungsfähigkeit bezog sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Handwerksmeister, bei denen die Lehrlinge beschäftigt waren. Ein Satz aus dem oben erwähnten Brief untermauert diese Wahrscheinlichkeit.

Dort hieß es: „Nach geschehener Verabredung, und in Erwägung, dass ein hohes Schulgeld den Unternehmen nur Nachtheile bringen könnte, wurde solches auf 20 Kreuzer  pro Monat festgesetzt.“

Grundsätzlich waren der Gemeinderat, der Bürgerausschuss und Bürgermeister Bussemer bereit und willens, gewerblichen Unterricht in Eberbach anzubieten und dafür auch finanzielle Opfer auf die Stadt zu nehmen. So war in einem Schreiben des Bürgermeisters an das Bezirksamt vom 8. Juli 1858 zu lesen, dass man den Nutzen, den die Errichtung einer Gewerbeschule für die Stadt bringen würde, nicht verkenne, und dass man auch gerne bereit sei,
diesen Bedürfnissen dadurch Rechnung zu tragen, dass man die dazu benötigten Mittel bereit stellen wolle. Da aber die benötigten Mittel nur schwer zu stemmen gewesen wären, bat man zunächst darum, die Gewerbschule mit der höheren Bürgerschule zu vereinigen, oder aber der höheren Bürgerschule eine solche Abänderung resp. Einrichtung zu geben, dass sie den Leistungen der Gewerbschule gleichkommt. Man stellte an das Bezirksamt die Bitte, diese Ansicht Höheren Orts empfehlend vorzulegen.

Der Großherzoglich Badische Gewerbeschulrat lehnte diesen Vorschlag jedoch mit der Begründung ab, dass dieser „wegen der gänzlichen Verschiedenheit des Zweckes und der Einrichtung derselben unmöglich“ und nicht realisierbar sei. Dies nahm der Gemeinderat zum Anlass, dem Bezirksamt mitzuteilen, dass man von der Errichtung einer Gewerbeschule noch absehen wolle, zumal seit einem halben Jahr gewerblicher Privatunterricht erteilt werde, und so die beste Gelegenheit zur Ausbildung gegeben sei.  Erst am 11. August 1865 hieß es in einem Beschluss des Gemeinderats, dass in der Stadt Eberbach eine Gewerbeschule errichtet werden soll, und dafür aus Gemeindemitteln ein jährlicher Zuschuß bis zu 800 fl. (500 Gulden als Besoldungszuschuss für den Lehrer und 300 Gulden für Stellung und Heizung des Schullokals und der Schulrequisiten) bewilligt werden sollen, wenn von Seiten des Staates gleichfalls 500 fl. beigetragen werden.

Im Oktober 1865 beschloss die Gemeinde, dass eine Gewerbeschule errichtet wird unter den oben genannten Bedingungen. Die Stimmaufzeichnung ergab einen einstimmigen Beschluss (49 Stimmen) für die Errichtung einer Gewerbeschule in Eberbach. 

Da für die Erweiterung der höheren Bürgerschule keine Zustimmung aus Karlsruhe zu erhalten war – eine Erweiterung, damit diese auch eine Gewerbeschule hätte aufnehmen können -, drängten Stadtverwaltung, Gemeinderat und Bürgerausschuss, mit der Errichtung einer Gewerbeschule nicht länger zu zögern. Da „das Bedürfnis nach einer Gewerbeschule aber täglich fühlbarer hervortritt, und die Stadt Eberbach im Vergleich zu andern, weniger bedeutenden Städten mit der Gründung einer solchen Anstalt nicht länger zögern darf“ beschloss der Gemeinderat, einen jährlichen Zuschuss bis zu 8oo fl. zu bewilligen.

Von der Gründung 1867 bis zum Zweiten Weltkrieg

Nach mehreren Problemen, die noch aus dem Wege zu räumen waren, unter anderem die Verschiebung der Umwandlung einer städtischen Scheuer in ein Schulgebäude, sollte nunmehr ein Schullokal in einem Privathaus angemietet werden. Ein solches ist im Gasthaus zum Karpfen, so wie auch in der Bierbrauerei zum Hirsch, und dürften beide wohl gut sich eignen. Eine definitive Entscheidung hierüber, d.h. welches Lokal von beiden zu miethen wäre, ist noch nicht getroffen. Am 15 Oktober 1866 teilt der Großherzogliche Oberschulrat dem Bezirksamt in Eberbach mit, dass der Gewerbeschulkandidat Johann David Trill am 1. Januar 1867 seinen Dienst an der Gewerbeschule in Eberbach anzutreten habe. Mit Datum vom 29. Oktober 1866 vermerkte Bürgermeister Bussemer auf der Abschrift eines Berichts des Großherzoglichen Oberschulrats in Karlsruhe, dass man von Friedrich Müller im Karpfen das geeignete Lokal gemietet habe.

Am 26. November 1866 lud Bürgermeister Bussemer den Gewerbeschulvorstand, bestehend aus Pfarrer Höchstetter, Pfarrer Gugert, Johann Philipp Dilo, Theodor Frey, Daniel Krauth, Jakob Epp und ihm selbst, zu einer Sitzung ein. Dabei werde es um das Vermögen gehen, das von den Zünften bei ihrer Auflösung durch die gesetzlich verordnete Gewerbefreiheit zugesagt wurde, und dass dieses Vermögen der Errichtung einer Gewerbeschule dienen solle.  Bemerkenswert ist, dass Theodor Frey, dessen Name heute die Schule trägt, als Stadtrat bei allen wichtigen Entscheidungen, die die Errichtung der Gewerbeschule betrafen, mitgewirkt hat.

In diesem Zusammenhang ist ein Schreiben des Amtsvorstandes des Großherzoglichen Bezirksamts Eberbach vom 5. Februar 1867 interessant, in welchem Hand in Hand mit der Gewerbeschule ein zu gründender Gewerbeverein wirken sollte. Interessant deshalb, weil es zum einen nach Roland Vetter zu diesem Zeitpunkt bereits einen Gewerbeverein in Eberbach gegeben haben soll , zum anderen deshalb, weil der desfallsige (Vorschlag, der Verfasser) in einer größeren Versammlung des Vorschußvereins jedoch nicht den Anklang gefunden hat, den man erwarten sollte.

Bemerkenswert ist auch, dass die Stadt Eberbach, die zu dieser Zeit als Schulträger für die Gewerbeschule fungierte, selbst bestimmen konnte, wann und wie lange die Ferien an der Schule sind,  und dass z. B. schon im ersten Jahr des Bestehens der Gewerbe-schule die Sommerferien statt am 27. Mai zu Ende zu gehen, sondern wegen Erkrankung des Gewerbelehrers Trill erst am 23. Juni endeten.

Eine Vertretung gab es damals noch nicht. Bereits im August 1867 bat der Gewerbelehrer Trill den Gewerbeschulvorstand um die Beschaffung eines geeigneteren Schullokals, da wegen der Schülerzahl der Saal im Karpfen bei weitem nicht mehr ausreiche, so dass am Sonntag die größte Plackerei hinsichtlich der Plätze stattfindet, und der Unterzeichnete seine ganze Aufmerksamkeit  mehr dahin verwenden muß, wo er die einzelnen Schüler hinsetzen kann, als auf den Unterricht selber.

Das drängende Raumproblem nicht nur der Gewerbeschule, sondern auch der Klein- kinderbewahranstalt und der Industrieschule, veranlassten im Oktober 1867 den großen Bürgerausschuss (Gemeinderat und Bürgerausschuss) zu der Entscheidung, dass für die genannten Schulen ein Neubau aufgeführt werden solle. Die Kosten hierfür sollten durch
ein Darlehen von 5.000 - 6.000,-- Gulden abgedeckt werden, das in Raten von 500,-- Gulden zurückbezahlt werden solle. Da auch dieser Beschluss einstimmig erfolgte zeigt, wie sehr der Stadt Eberbach, trotz der damaligen schlechten Finanzlage, daran gelegen war, Bildung und Ausbildung junger Menschen zu fördern.

Noch drängender wurde das  nachdem 1901 eine städtische Handelsschule (kaufmännische Fortbildungsschule) eröffnet wurde. Im Rechenschaftsbericht über den Vollzug des städtischen Voranschlags– für 1901 - einen regulären Haushaltsplan gab es erst ab 1929 – für 1901 hieß es: Ihr (der Gewerbeschule, d. Verf.) zur Seite trat während des Jahres eine neue Gründung, die städtische Handelsschule oder kaufmännische Fortbildungsschule. Bis zur Gründung dieser Schule mussten kaufmännische Lehrlinge den Unterricht in der Gewerbeschule besuchen.

Belegt wird dies durch das Ortsstatut für die Gewerbeschule aus dem Jahre 1900: “Der gleichen Verpflichtung (zum Besuch der Gewerbeschule, d. Verf.) unterliegen die Lehrlinge und Gehilfen des Handelsgewerbes, in so lange als eine anerkannte Handelsschule oder kaufmännische Fortbildungsschule nicht besteht.“ Durch die Neugründung einer Handelsschule mussten sich deren Schüler und Lehrer die vorhandenen Räume mit der Gewerbeschule teilen, jedoch an anderen Tagen und anderen Tageszeiten. In einem Protokoll vom 13. April 1910 wird über ein besonderes Local berichtet, das im Schirm’schen Haus  hergestellt sei. Nicht bekannt ist, um welches Gebäude es sich dabei handelte.

Im Bericht über das Schuljahr 1921/22 heißt es: Mitte Oktober wurde die Schule vom städtischen Gaswerk, wo sie seither untergebracht war, in den II. Stock des Anbaus an die städtische Turnhalle verlegt.  Die Gewerbeschule fand zwischenzeitlich auch in der alten, aber umgebauten Zigarrenfabrik  in der Kellereistraße ihr Domizil.

Durch das Landesgesetz von 1904 "Betreff den gewerblichen und kaufmännischen Unterricht" und durch die Landesherrliche Verordnung von 1907 wurde der Grundstein für ein neuzeitliches Berufsschulwesen gelegt. Ihre wichtigsten Bestimmungen waren: Einführung des Tagesunterrichts, und zwar ganzjährig werktags in drei aufsteigenden Klassen mit mindestens sieben Wochenstunden Unterricht; die Anstellung hauptamtlicher, vom Staat bestellter Lehrer; die Errichtung einer Oberschulbehörde für das gesamte Gewerbe- und Handelsschulwesen. Aus der Schule der Handwerker wurde somit eine Bildungsstätte des handwerklichen-industriellen Nachwuchses.

Das Raumprovisorium dauerte aber zunächst noch bis zum Jahre 1937, als die Volksschule in ihr neues Gebäude - heute Dr.Weiss-Grund-und Förderschule - umziehen konnte, und die Gewerbeschule ihren Platz im alten Volksschulgebäude in der Friedrichstraße fand und damit ein ‚eigenes’ Haus besaß. Aber auch dieser Situation  machte der 1939 beginnende 2. Weltkrieg bald wieder ein Ende.
 
Neben den Raumproblemen war das Verhalten der Schüler, insbesondere deren Unterrichtsversäumnisse, in den Anfangsjahren immer wieder Gegenstand von Beschwerden des Gewerbelehrers Wirth an die Stadtverwaltung gewesen. Besonders hervorzuheben ist deshalb ein Schreiben von Wirth an das Bürgermeisteramt vom 23. Januar 1885. Hierin beschwerte er sich über einen Steinhauerlehrling  namens Gustav Grittmann: „Er hat mir schon mehrmals Unannehmlichkeiten bereitet, ist unaufmerksam, stört seine ganze Umgebung, hat infolge dessen von allem Vorgetragenen keine Idee und hat zum  Betragen noch obendrein ein unverschämt freches Maul. Letzteres hat ihm schon früher einige wohlverdiente Ohrfeigen eingetragen.“

Da der Vater des Lehrlings daraufhin Anzeige bei Wachtmeister Müller erstattete, machte Wirth, um solchen Unannehmlichkeiten in Zukunft aus dem Wege zu gehen den Vorschlag: „weil leider ein nicht geringer Teil meiner Schüler Furcht einflößender Mittel bedarf, sehe ich mich veranlasst, künftig-hin alle gröberen Fälle dem Wohll. (Wohllöblichen, d. Verf.) Bürgermeisteramt zur Bestrafung zu überweisen.“ Wie den im Archiv befindlichen Unterlagen zu entnehmen ist, waren auch die Handwerksmeister nicht schuldlos an den vielen Schulversäumnissen der Lehrlinge. Immer wieder gab es Bitten oder Anfragen an den Gewerbeschulrat bzw. –vorstand, Lehrlinge vom Unterricht zu befreien, weil dringende Arbeiten zu erledigen waren oder andere Geschäfte die Lehrlinge unentbehrlich machten.

Zu sehr waren die Meister in den immer noch lebendigen Zunftverhältnissen verhaftet, in denen Schule nur eine untergeordnete Rolle spielte. Aus diesem Grunde wurde 1872 vom Gemeinderat in Eberbach ein Ortsstatut für sämtliche Lehrlinge und Gewerbsgehülfen hier, welche das 18te Jahr noch nicht zurückgelegt haben, für den zwangsweisen Besuch der Gewerbeschule eingeführt…, nachdem man andernorts nachgefragt hatte, wie man dort mit diesem Problem umgehe.

In einer Versammlung am 31. Juli 1875 wurde von den Handwerksmeister beschlossen, eine Revision der Statuten unter Hinzuziehung von Gewerbsleuten aller Branchen vorzunehmen. Die konkrete Forderung lautete: Der Schulbetrieb muß so geändert werden, daß er keine geschäftlichen Versäumnisse verursacht und die Meister nicht mit der Polizei und Strafgesetz in Konflikt bringt. Die Folge war, dass eine Stundenplanänderung derart vorgenommen wurde, dass der Unterricht in die frühen Morgenstunden und späten Abendstunden verlegt wurde. 

So fand der Unterricht vor der Eingabe der Gewerbsleute  im Sommer und Winter vormittags von 8 – 12 Uhr, und abends von ½ 8 – 9 Uhr statt, danach im Sommer vormittags von 6 – 10 Uhr und abends von 8 – ½ 10, im Winter vormittags von 8 – 12 Uhr und abends von 8 – 10 Uhr statt.  Man sieht daraus, wie stark der Einfluss der Handwerksmeister auf  den Unterricht damals noch war. Trotzdem gab es ständige Querelen um die Unterrichtszeiten und Schülerversäumnisse, die erst zu Ende gingen, als der staatliche Einfluss auf Lehrer und Schule stärker wurde.                                    

Vom 2. Weltkrieg bis heute

Ein Luftangriff auf Eberbach zum Ende des Krieges (26. März 1945) führte dazu, dass die Räume im Westflügel der alten Volksschule – zum Lindenplatz hin – für Wohn- zwecke beschlagnahmt wurden, und die Gewerbeschule in den Nordflügel zur Ecke Friedrichstraße-Bahnhofstraße umziehen musste. Da die Umgehungsstraße (B37) zum damaligen Zeitpunkt noch nicht existierte und alle Fahrzeuge durch die Innenstadt fuhren, war der Verkehrslärm eine zusätzliche Belastung für einen reibungslosen Unterricht.

Erst nach dem Ende des Krieges, und nachdem 1939 auch die Schulträgerschaft auf den Landkreis übergegangen war , erhielten die Gewerbeschule, die 1901 gegründete Handelslehranstalt und die Landwirtschaftsschule ihren bis heute bestehenden Standort zwischen Friedrich-Ebert-Straße und B37. Dieser Standort – die ehemaligen ‚Krautgärten’ – war für einen Neubau nach langen Verhand- lungen mit den vielen Grundstückseigentümern erworben worden.  Im März 1951 wurde der von den Architekten Hirsch und Bohne eingereichte Entwurf für ein neues Berufsschulzentrum ausgewählt.

Noch im gleichen Jahr wurde mit den Bauarbeiten begonnen, die bereits nach 1 ½ Jahren beendet waren. Nach Fertigstellung der neuen Schulgebäude konnten sowohl die Gewerbeschule als auch die Handelsschule einziehen. Nachdem auch die hauswirt- schaftliche und die landwirtschaftliche Berufsschule, sowie die landwirtschaftliche Beratungs- stelle eingezogen waren, konnte am 24. April 1954 die offizielle Einweihung der neuen Schule erfolgen.
Nachdem der Rhein-Neckar-Kreis den Erhalt der gewerblichen und kaufmännischen Berufsschule Eberbach 1979 beschlossen hatte, wurden Um- und Erweiterungsbauten mit neuer Ausstattung erforderlich, um die Schule dem damaligen Ausbildungsniveau anzupassen.

Diese von 1983 bis 1991 dauernden Umbaumaßnahmen brachten die beiden Schulen – die landwirtschaftliche und hauswirtschaftliche Schulen wurden zwischenzeitlich aufgelöst – sowohl räumlich, als auch technisch und brandschutzmäßig auf den modernsten Notwendigkeiten angepassten Stand. Die Arbeiten, die vom Architekturbüro Möser aus Eberbach geplant und überwacht wurden, stellten beide Schulen vor erhebliche organisatorische Probleme, erfolgte sie doch unter Weiterführung des gesamten Unterrichts an beiden Schulen. 

Diese Probleme konnten jedoch wegen der guten Zusammenarbeit beider Schulleitungen, dem Verständnis der Schüler, der Ausbildungsbetriebe und der Eltern bestens gelöst werden. Die Umbauarbeiten, die auch eine Aufstockung aller drei Gebäudeteile A, B, und D umfasste, waren notwendig geworden, um zusätzlichen Unterrichtsraum und eine Entflechtung der beiden Schulen zu ermöglichen. Sie schafften aber auch Raum für ein bis zu 36 Personen fassendes Internat für die Gewerbeschule, so dass auch Schüler von überregionalen Klassen aufgenommen werden konnten, wie z.B. derzeit für die Landesklasse der „Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice“.

Nicht zuletzt durch die Um- und Erweiterungsbauten konnten sowohl im gewerblichen, als auch im kaufmännischen Bereich neue Ausbildungsberufe und damit neue Klassen mit Unterstützung des Rhein-Neckar-Kreises und der Kultusbehörde eingerichtet werden. Waren es bei Gründung der Gewerbe- und der Handelsschule damals ausschließlich Lehrlinge, die den Unterricht besuchten, änderte sich dies für die damalige Handels- lehranstalt mit der Einrichtung der Höheren Handelsschule mit Beginn des Schuljahres 1953/54.  

Danach, etwa ab den 60iger- und70iger-Jahren des vorigen Jahrhunderts, wurden zunehmend Fach- bzw. Berufsfachschulen eingerichtet. So die einjährige Berufsfachschule Metall, die zweijährigen Berufsfachschulen im kaufmännischen und gewerblich-technischen Bereich mit der Fachschulreife (entspricht der Mittleren Reife) als Abschluss, die wirtschaftlichen und gewerblich-technischen Berufskollegs I und II, sowie in den frühen 90iger Jahren das Einjährige Berufskolleg zum Erwerb der Fachhochschulreife Wirtschaft (BKFHW) seit 1989 und Technik (BKFHT) seit 1994, oder neuerdings der wirtschaftliche Zweig der Berufsoberschule (WO) seit 2012 mit Abitur als Abschluss. 

Beantragt ist derzeit auch ein technischer Zweig der Berufsoberschule. Als 2011 das neue Unterrichtsfach ‚Glück’ an der Theodor-Frey-Schule eingeführt wurde, war die Skepsis groß. Doch heute weiß man, dass das „Schulfach Glück“  sowohl Lebenskompetenz und Lebensfreude, Ressourcen- bzw. Lösungsorientierung sowie Stärkung der Persönlichkeit von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern vermitteln kann.


Exkurs

Es gab einige Ereignisse in der Geschichte der Theodor-Frey-Schule, die mit den historischen  Ereignissen in der Region und in ganz Deutschland direkt zu tun hatten, und den Unterrichtsablauf mehr oder weniger stark beeinflussten. So
waren die beiden Weltkriege, auch wenn über diese Zeiten nur wenige Unterlagen vorhanden sind, nicht ohne Einfluss auf  den Schulbetrieb. Sowohl Lehrer der Gewerbeschule, als auch der Handelsschule wurden für den Wehrdienst gebraucht, und die wirtschaftlichen Probleme zeigten Wirkung sowohl auf die Schülerzahlen und die Unterrichtsräume als auch auf die Stundenpläne. Durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges mussten die Pläne für den Umbau der Volksschule, den Anbau der Realschule, jeweils mit Räumen für die Gewerbe- und Handelsschule, zurückgestellt werden. Während des 1. Weltkrieges stellte die Bahnbau- inspektion ihren Zeichensaal als Unterrichtsraum zur Verfügung, und nach dem Krieg musste auf die Aula der Realschule und auf Räume der Volksschule zurückgegriffen werden.

Von besonderer Auswirkung waren die Personalnöte nach dem Zweiten Weltkrieg. Bereits 1940 teilte der damalige Direktor der Gewerbeschule, Paul Kühlewein,  Bürgermeister Schmeißer mit, dass wegen Militärdienstes 2 von insgesamt 4 Lehrkräften nicht verfügbar waren, und dass der ehemalige Schulleiter, Georg Kumpf, 12 Unterrichts- stunden ehrenamtlich übernommen habe. Von 1945 bis zur Besetzung der Direktoren- stelle durch Herrn Walter Beck, wurde Kumpf noch einmal durch die amerikanische Militärregierung als kommissarischer Schulleiter eingesetzt. Auch für andere Lehrer war die Wiedereinstellung in den Schuldienst nicht einfach, musste doch jeweils der Spruch- kammerbescheid abgewartet werden. So erging es Karl Jörg und dem späteren Schulleiter Robert Gröhl. Wie schwierig die Personalsituation war, zeigt auch ein Schreiben des kommissarischen Schulleiters Kumpf an Bürgermeister Nenninger vom 29. Mai 1946.

Mit einem anderen Problem wird das Berufsschulzentrum immer wieder konfrontiert und muss damit fertig werden: Mit dem Hochwasser des Neckars. Zwei Bilder sollen dies verdeutlichen: Die Bilder 19 und 20 . Beispielgebend auch die Wasserstände seit 1947, und wie diese seit dem Einzug in das neue Berufsschulzentrum die Unterrichtssituation beeinträchtigt hat. Dabei muss man wissen, dass bei etwa 6,70 m das Schulgelände überflutet wird.

Noch verheerender waren die Hochwasser von 1993 und 1994, mit einem Wasserstand, der 1993 um etwa 1 Meter höher war als 1990. Damals musste das Berufsschulzentrum jeweils für mehrere Tage geschlossen bleiben.
Aber auch positive Ereignisse waren zu vermelden. So wurden bereits nach der Abschlussprüfung im Schuljahr 1869/70 an neun der besten Absolventen Preise und öffentliche Belobigungen vergeben. Unter anderem an den Schreiner und späteren Gründer der Möbelfabrik Neuer, Georg Neuer. 

Namensgebung

1988 wurde auf Vorschlag und Antrag der damaligen Handelslehranstalt der Name der Schule geändert
. Der Kreistag, die Gesamtlehrer- und die Schulkonferenz folgten dem Vorschlag der Schule, und am 28. Juni 1988 erhielt sie durch Beschluss des Kreistags den Namen THEODOR-FREY-SCHULE ( Kaufmännische Schule).  Damit wurden die Verdienste des Initiators des Allgemeinen Deutschen Handelstages, des heutigen Industrie- und Handelskammertages, Theodor Frey gewürdigt. Im Februar 1989, dem 175. Geburtstag des Namensgebers, wurde die die von Eberbacher Firmen gestiftete Gedenktafel von Landrat Dr. Schütz enthüllt. Nachdem es zur Zusammenlegung der beiden Schulen, der Gewerbe- und der Theodor-Frey-Schule zur Festigung des Standorts gekommen war, war es nur konsequent, den Namen Theodor Freys für das Berufsschulzentrum beizu- behalten, eine zusätzliche Ehrung des verdienten Eberbacher Kaufmanns, Kommunalpolitikers und späteren Ehrenbürgers.       
  
Nach 150 Jahren Berufsschulen in Eberbach wissen die Bürger unserer Stadt, die Schülerinnen und Schüler, die hier gelernt haben, alle Lehrerinnen und Lehrer und die Schulträger, dass sich alle Bemühungen in den 150 Jahren, die die Schule jetzt besteht, gelohnt haben, und dass Schule nicht nur auf das berufliche Leben vorbereitet, sondern auch den gesellschaftlichen Bereich abdeckt.

www.tfse.de


Die Schule liegt in einem hochwassergefährdeten Bereich.

Ein Zustandbericht aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges.

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