Neuer Text

Landesgartenschau

Mit zweiter Brücke und einer GmbH

Wie sich Eberbach schon einmal um eine Landesgartenschau bewarb - Antrag von 2002 für 2012 gescheitert 
Projektion - so soll die zweite Brücke aussehen.

Oktober 2017
Von Rainer Hofmeyer

„Gemüse der Region“, „Bärlauch“, „Apfeltag“, „Heilkräuter für Jedermann“, „Die Apotheke im Garten“ - das waren einzelne Themen, die 2002 für kleinere Ausstellungen in der Au vorgeschlagen wurden. Aber auch ein „Hochwasserpark“ wurde ins Auge gefasst, genauso „Steile Hänge, tiefes Tal“. Bezüge zur Stadt und ihren Einzigartigkeiten, eben. Die jetzt für 2027 aufgekommene Idee, sich mit einer Eberbacher Landesgartenschau und mit einem Rad- und Fußgängersteg über den Neckar zu bewerben, ist also nicht neu: Das war damals ein „Antrag“ der Stadt für das Jahr 2012, wohl formuliert und reich bebildert, aber letztlich nicht von Erfolg gekrönt. Die 24. baden-württembergische Landesgartenschau ging nach Nagold. 

Jetzt hat Bürgermeister Peter Reichert die Einfälle wiederbelebt. Der amtierende Bürgermeister kann als Anleitung einen Vorgang ziehen, der 2002 von seinem Vorgänger Bernhard Martin stammt und vom damaligen Gemeinderat abgesegnet wurde. Das Ansinnen war zwar seinerzeit im zuständigen Ministerium gescheitert. Aber dieses Mal jedoch könnten die Chancen etwas besser sein. Denn 2027 feiert Eberbach sein 800-Jähriges. Dadurch gibt es noch ein besonderes Argument, das bei der Landesregierung stechen sollte. Und außerdem wäre das Vorhaben keine „große“ Landesgartenschau wie seinerzeit geplant, sondern ein kleineres „Grünprojekt“, das mit einer solchen im Wechsel stattfindet.

Reichert sieht in seiner Idee einer „kleinen“ Landesgartenschau und dem, was davon auf Dauer bleibt, sowie einer zweiten Neckarüberspannung die fast schon einzig mögliche Aufwertung Eberbachs. Denn durch bloße Quantität geht es offenbar für Reichert nicht mehr: Es gibt keine Gebiete für die Entwicklung als Industriestandort, keine Flächen für weiteres privates Bauen. Also bleibt wohl nur eine Verbesserung des Lebensstandards auf der Basis dessen, was Eberbach fast schon im Überfluss hat: Fluss, Wald und Landschaft. Die kleine Landesgartenschau 2027 soll links des Neckars stattfinden, in der Au, angrenzend an Freibad und Sportplatz. 

Die Forderung nach einer zweiten, kleineren Neckarbrücke ist ebenfalls nicht neu. Bereits 1935, in der ersten Amtszeit von Bürgermeister Hermann Schmeißer (1935 bis 1940), diskutierte der damalige Gemeinderat über einen zusätzlichen Neckarübergang. Der Haus- und Grundbesitzer-Verein legte dafür sogar 100 Reichsmark als Anzahlung auf den Tisch. Die Neckar-Au als geplantes Naherholungsgebiet ist auch keine Neuerfindung. Schmeißer hat in seiner zweiten Amtszeit (1954 bis 1972) die Fläche dort für Kur und Entspannung vorgesehen. Eberbach begann gerade mit seinem „Heilquellen-Kurbetrieb“. Amtsnachfolger Horst Schlesinger (1973 bis 1996) verwirklichte das neue Kurmittelhaus aber auf der anderen, der Stadtseite - genau dort, wo Schmeißer das Rathaus vorsah.

Kur und Erholung blieben in Schlesingers Ära rechts des Neckars. Aber er brachte eine zweite Brücke ins Spiel. Dieser Bürgermeister sah eine „lebhafte Entwicklung“ des Sportgeländes in der Au, und der Kuckucksmarkt war auf die andere Seite des Flusses gezogen. Geeignet für Fußgänger und Radfahrer sollte die zusätzliche Querung sein - sogar für Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge nutzbar, falls mal die alte Neckarbrücke „ausfällt“. Die Personenfähre „hätte man sich sparen können“, wie Schlesinger noch heute argumentiert. Die zweite Brücke sollte in Verlängerung der Luisenstraße Fluss und B 37 überspannen. Dort zeichneten die Stadtplaner schon Mitte der 1950er-Jahre einen Alternativ-Standort für die jetzige große Neckarbrücke, die dann doch am Platz der veralteten eisernen Bogenbrücke geschlagen wurde.

Schlesinger hatte wegen seines kühnen Brücken-Vorhabens schon bis zum Regierungspräsidium vorgefühlt. Dort signalisierten die Verantwortlichen dem Eberbacher Stadtoberhaupt „eine hohe Förderung“. Die Skizze der Brücke, die Schlesinger seinem Gemeinderat vorstellte unterstrich dann optisch das, was eines der Hauptargumente der Stadträte gegen das Vorhaben war. Das allzu wuchtig gezeichnete Bauwerk wurde als „Verschandelung“ der Landschaft einmütig abgelehnt. Vergessen war für Schlesinger die Brücke selbst nach seiner Amtszeit nicht. Zu seinem 70. Geburtstag 2009 machte der Jubilar eine symbolische „erste Spende“ für das Bauwerk. 

Neuere Pläne für eine Landesgartenschau gab es erst in der Zeit von Schlesingers Nachfolger Bernhard Martin (1997 bis 2012). Am 17. Oktober 2002 beschloss der Gemeinderat, einen detaillierten Antrag an die Landesregierung zu stellen. Mit rund 12 Millionen Euro Aufwand hatte man dabei für die ganze Schau einschließlich aller Bau- und Gestaltungsarbeiten gerechnet. Für manchen Stadtrat war das zu viel. Aber dennoch gab das Gremium Bernhard Martin einstimmig das Plazet. Jetzt war in der Zustimmung des Gemeinderates sogar eine Rad- und Fußgängerbrücke vorgesehen.

Die Brücke war mit 3,5 Millionen Euro projektiert. Sie sollte das Tor zur Gartenschau werden, gleichzeitig aber auch die Stadtteile rechts und links des Neckars näher zusammenbringen. Darüber hinaus hätte nach dem Willen der Planer die Brücke „die angrenzenden Landschafts- und Naherholungsräume des Odenwaldes erschlossen“. Selbst an die Schüler dachte man, die über die zweite Brücke schneller zu Fuß zu den Sportstätten kommen könnten. Die veranschlagte Bauzeit der neuen Brücke: 2008 bis 2010.

Im Frühjahr 2003 hat sich eine Fachkommission des Ministeriums für den ländlichen Raum mit dem damals noch in Eberbach stationierten Polizeiboot am vorgeschlagenen Gartenschau-Gelände vorbeischippern lassen. Da war nicht nur die Au im Visier, auch Ohrsberg und Ottohöhe wurden in die Planungen einbezogen. Fast 20 Hektar in Landschaftsschutzgebiet, Wasserschutzzonen und Überschwemmungsgebieten sollten das Gelände für die Gartenschau darstellen. Die angrenzende Ottohöhe war mit rund 6 Hektar eingeplant, unter anderem mit einem „ökologischen Rundweg“. An den jetzigen Campingplatz hätte man auch Hand angelegt. Er musste laut Plan neckarabwärts verlagert werden - eine halbe Million stand dafür auf der Kostenliste. Die Umgestaltung des Lauers hätte eine Dreiviertelmillion ausgemacht. 

All das sollte ab 2003 in Gang gesetzt werden und noch rechtzeitig vor der Landesgartenschau 2012 fertig sein, gezahlt aus dem städtischen Haushalt und in Erwartung von Landeszuschüssen. 650 000 Besucher rechnete man sich aus. Mit 3,50 Euro Eintritt wurden 2,275 Millionen Einnahmen erwartet. Die prognostizierte Unterdeckung des Ganzen damals: 325 000 Euro Minus. Der jährliche Erhaltungsaufwand: 150 000 Euro.

Planung und Realisierung des Projekts waren über eine „Gartenschau Eberbach GmbH“ angedacht. Dem Aufsichtsrat sollten der Bürgermeister, Vertreter der Wirtschaft und Vereine sowie einige ausgewählte Stadträte angehören. Arbeitsausschüsse hätten sich mit Einzelfragen befasst. Vom 1. April bis zum 31. Oktober 2012 war die Schau vorgesehen. Für die Besucher hätte man insgesamt 2900 Parkplätze anbieten wollen. Im Juli 2003 kam dann doch recht rasch die Entscheidung des Stuttgarter Ministeriums: Eberbach war nicht mehr im Rennen. Das war das Ende des Traums von einer „großen“ Landesgartenschau 2012 am nördlichen Neckarknick. Im Februar 2008 hat der Gemeinderat erneut über eine zweite Brücke diskutiert - und dieses Mal das Vorhaben aus finanziellen Gründen „zurückgestellt“.

Hinweis: Der Gemeinderat hat die Bewerbung um die Gartenschau abgelehnt.


Schlesingers Vorschlag war zu wuchtig.

Frühere Planung, vor dem Bau der jetzigen Brücke.

Zeichnung auf der Bewerbung von 2002/2003.

Fotos: Rainer Hofmeyer
Share by: